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Muss ich mein Urlaubsentgelt zurückzahlen, wenn ich zu viel Urlaub in natura genommen habe?

Es ist nicht unüblich, dass bereits frühzeitig zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses Urlaub genommen werden kann. So kann der Arbeitnehmer möglichst flexibel seine Urlaubsplanung gestalten und über das gesamte Kalenderjahr gleichmäßig verteilen. Doch was passiert, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des Kalenderjahres beendet wird und der Arbeitnehmer bereits einen Großteil seines Jahresurlaubes, also mehr, als ihm bis dahin zugestanden hätte, in natura genommen hat?


Die Rechtslage

Ein Arbeitnehmer, der vor Erfüllung der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, die Wartezeit im maßgeblichen Kalenderjahr nicht erfüllt oder nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, hat gemäß § 5 I BUrlG nur einen gekürzten Jahresurlaubsanspruch von ein Zwölftel für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Die Wartezeit beträgt nach § 4 BUrlG sechs Monate.


Die gesetzliche Regelung

Doch was passiert, wenn Urlaub in natura genommen wird und sich danach herausstellt, dass dieser nach § 5 I BUrlG zu viel gewährt wurde?

Der Urlaub in natura, also die Freistellung von der Arbeit während des Urlaubs, muss nicht ausgeglichen werden. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht fürchten muss, zusätzliche Arbeit als Ausgleich für den zu viel gewährten Urlaub leisten zu müssen.

Der Arbeitgeber könnte aber das von ihm gezahlte Urlaubsentgelt zurückfordern. Grundsätzlich hat er dafür einen Anspruch aus den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung nach den §§ 812 ff. BGB. Zudem können sich entsprechende Regelungen aus dem Arbeitsvertrag oder den Tarifverträgen ergeben.


Ausnahmen

Für Arbeitnehmer interessant ist vor diesem Hintergrund der § 5 III BUrlG. Darin wird ein Rückforderungsverbot für den Fall bestimmt, dass die Wartezeit erfüllt wurde und der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte des Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Arbeitnehmer muss dann sein Urlaubsentgelt also nicht mehr zurückzahlen.

Zu beachten sind jedoch auch für diese Konstellation tarifvertragliche Regelungen, die von dem Rückforderungsverbot negativ abweichen können. Ein Individualarbeitsvertrag darf indes eine solche Regelung nicht treffen, sodass sich ein genauerer Blick auf das Rückforderungsverlangen des Arbeitgebers lohnen könnte.



Bickenbach, den 17.07.2024

Mitgeteilt von
WissMit Antonia Buschbeck
Dingeldein • Rechtsanwälte

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